6.1.13
Am Morgen bin ich erst um viertel vor neun erwacht. Ich
hörte draussen schon die Kricket Gruppe die sich zum Spielfeld bewegte. Ich
öffnete meine Tür und sah hinaus, da rief schon der erste aus der Gruppe der
mich sah und forderte mich auf einen Chai zu trinken und danach zum Feld zu
kommen. Fünf Minuten später stand ich mit verschlafenem Gesicht und einer
bleiernen Müdigkeit auf dem Feld. Es dauerte nicht lange da wurden auch schon
die Positionen gewechselt. Es war also an uns zu schlagen. Bald kam ich an die
Reihe und schlug den Tennisball beim ersten Wurf des Gegners weit ins Feld
hinaus. Es ist sehr ähnlich wie Baseball nur das der Schläger flach ist und es
darum geht die drei Holzstäbe die hinter dem Schläger sind zu schützen oder
eben mit dem Ball zu treffen. Als wir gewonnen hatten wechselten wir von
Kricket zum Fussball. Da in Indien Fussball nicht sehr bekannt ist, ist das
Niveau auch dementsprechend, es war also sehr lustig.
Nach dem Spiel traf ich Alessandro und Samuel bei der
Kantine. Sie schlossen sich unserer Kochgruppe an. Um halb Elf startete also
wiederum das Seminar, auch heute lernten
wir wieder ein neues indisches Rezept
kennen.
Die zwei Italiener Alessandro und Samuel und ich liefen dann zum Ganges hinunter. Die Sonne stand tief und das Wasser war sehr ruhig. Auf den Stufen die hinunter zum Fluss führten hatte es ein paar Inder die miteinander sprachen oder andere die beteten. Als wir dann am Ganges ufer standen konnte ich spüren wie eine grosse Ruhe und Gelassenheit über mich herein kam. Hundert Meter von dem Ufer entfernt befindet sich ein Tempel den ich und Alessandro dann aufsuchten und für ein paar Minuten inne hielten. Zu meinem Erstaunen wollten die Priester nicht einmal Geld für den Besuch des Tempels.
Es wurde schon wieder langsam dunkel, so entschloss ich mich
mit dem Velo noch kurz zum kleinen Markt zu fahren. Alessandro musste für eine
Familie Lebensmittel besorgen. So fuhren er, der Junge der Familie und ich zusammen mit den
klappernden, alten, heruntergekommenen Velos ins nächste Dorf. Nach zwei
Kilometern Fahrt auf den Felgen, fand ich endlich einen „ Velomechaniker“ der
eine Pumpe vor seinem Lehmhaus stehen hatte. Die vier Herren sassen um ein
Feuer und wärmten sich die Hände. Als wir bei ihnen Halt machten holte der
Junge, der mit uns fuhr die Pumpe und reichte sie mir. Ich pumpte doch die Luft
staute sich im Kolben. Die Männer am Feuer begannen zu sprechen und zu lachen.
So pumpte ich schneller und mit mehr Kraft. Doch der Erfolg war mässig bis schlecht.
Wiederwillens machte ein Mann am Feuer die Anstalt sich zu erheben und mir zu
helfen. Ich weiss es bis jetzt noch nicht genau was der Trick war, jedenfalls
ging die Luft bei ihm in den Schlauch. Nach ein paar dummen Sprüchen die ich
leider nicht verstand, fuhren wir weiter.
Kurze Zwischenbemerkung: Meine Finger sind so kalt geworden,
dass ich jetzt kurz einen Tee zubereite. Auf der Küchenablage habe ich sechs
Würfel liegen. Als ich das Wasser aufsetzte und den Gasherd entflammte nahm ich
die Würfel in die Hand und zack legte ich auf einmal eine Strasse hin. Das habe
ich in meiner ganzen Würfelkarriere noch nie geschafft. Ich war ausser mir vor Freude.
Wir fuhren also zum Markt. Bei der Hauptstrasse trennten
sich unsere Wege, denn Alessandro und der Junge mussten noch einige Kilometer
weiter, bis zu ihrem Lebensmittelhändler. Es war schon dunkel als ich mich auf den Heimweg machte. Neu hatte
ich zwei Beutel Tee im Rucksack und an meinen Händen neue Handschuhe. Ich
setzte die Kopfhörer auf, wählte Moonraiser mit Rais Up und fuhr ohne Licht auf
der mondoberflächen ähnlichen Strasse durch die Felder an den unzähligen
Lehmhäuser, Kühen und Inder vorbei
zurück ins Kirancenter.
In meinem Zimmer angekommen nahm ich eine kalte Dusche die
mich danach weiter eine Stunde lang am ganzen Körper zittern lies. Ich weiss
nicht wie kalt es ist, beim ausatmen bilden sich aber Dunstwolken. Um acht Uhr gab es wieder Essen im
Girlshostel. Es war sehr lecker.
Morgen beginnt also der Alltag in der Orthopädiewerkstatt.
Ich bin gespannt was mich erwartet.
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